Die wech­sel­vol­le Orgel­ge­schich­te von St. Ursula

Der nam­haf­te Archi­tekt August Thiersch schuf Ende des 19. Jahr­hun­derts am Kai­ser­platz die neue Schwa­bin­ger Stadt­pfarr­kir­che St. Ursu­la. Zu ihrer Aus­stat­tung gehör­te eine gro­ße Orgel mit zwei Manua­len und 32 Regis­tern des sei­ner­zeit füh­ren­den Orgel­bau­ers Franz Bor­gi­as Maerz. Weil im Ers­ten Welt­krieg ein Man­gel an Zinn herrsch­te, wur­den ihre Pfei­fen als kriegs­wich­ti­ges Mate­ri­al ent­nom­men. Erst 1926 erfolg­te der Wie­der­auf­bau durch den Schwa­bin­ger Orgel­bau­er Beh­ler & Wal­den­mai­er. Auch im Zwei­ten Welt­krieg litt die Kir­chen­or­gel schwer – dies­mal durch ein­drin­gen­des Wasser.

Aber­mals war es not­wen­dig, das Instru­ment wei­test­ge­hend zu erneu­ern. Dafür konn­te 1952 die renom­mier­te Fir­ma G.F. Stein­mey­er & Co in Oet­tin­gen gewon­nen wer­den, eine der damals welt­weit bedeu­tends­ten Orgel­bau­werk­stät­ten. Die neue Orgel ver­füg­te nun über drei Manua­le und 60 Regis­ter, wobei vie­le Ele­men­te des Vor­läu­fer­instru­ments ver­wen­det wer­den konnten.

1984 wur­de von dem Lin­dau­er Orgel­bau­er Win­fried Albiez eine Chor­or­gel im Altar­raum errich­tet. Die­se Ent­schei­dung folg­te dem damals vor­herr­schen­den Trend nach rein mecha­ni­schen Orgeln. Mit der neue Chor­or­gel fiel das ein­zig­ar­ti­gen Stein­mey­er-Instru­ment in einen 35-jäh­ri­gen Dorn­rös­chen­schlaf. Heu­te hat ein Umden­ken ein­ge­setzt – ver­bun­den mit dem Wunsch, die­ses Denk­mal der Münch­ner Orgel­land­schaft mög­lichst bald wie­der spiel­bar zu machen und ihm den hohen Rang zuzu­wei­sen, der ihm schon immer gebührt.

Stein­mey­er-Orgel

Die Orgel auf der Empo­re wur­de 1952 vom Orgel­bau­un­ter­neh­men G. F. Stein­mey­er & Co. als Opus 1827 erbaut. Sie hat drei Manua­le und 60 Regis­ter. Auf­grund ihres stark reno­vie­rungs­be­dürf­ti­gen Zustan­des ist die Orgel der­zeit nicht spielbar.

Dis­po­si­ti­on

I. Manu­al Hauptwerk

1. Prin­zi­pal 16´
2. Okta­ve 8´
3. Gems­horn 8´
4. Grob­ge­deckt 8´
5. Quin­ta­de 8´
6. Okta­ve 4´
7. Rohr­flö­te 4´
8. Quin­te 2 2/3´
9. Okta­ve 2´
10. Cor­nett V 8´
11. Mix­tur IV-VI 1 1/3´
12. Tuba 8´
13. Trom­pe­te 4´

II. Manu­al Nebenwerk

14. Quin­ta­de 16´
15. Holz­flö­te 8´
16. Viol 8´
17. Metall­ge­deckt 8´
18. Gei­gen­prin­zi­al 4´
19. Pom­mer 4´
20. Nacht­horn 2´
21. Gems­hörn­lein 2´
22. Siff­lö­te 1´
23. Spitz­quin­te 1 1/3´
24. Scharf IV 1´
25. Terz­zim­bel III 1/4´
26. Krumm­horn 8´

III. Manu­al Schwellwerk

27. Gedeckt 16´
28. Prin­zi­pal 8´
29. Nacht­horn 8
30. Sali­zio­nal 8´
31. Schwe­bung 8´
32. Lieb­lich Gedeckt 8´
33. Weit­prin­zi­pal 4´
34. Tra­vers­flö­te 4´
35. Quin­ta­de 4´
36. Flach­flö­te 2´
37. Nasard 2 2/3´
38. Terz­flö­te 1 3/5´
39. Plein jeu IV 2´
40. Oktav­zim­bel 1´
41. Bom­bar­de 16´
42. Feld­trom­pe­te 8´
43. Oboe 8´
44. Rohr­schal­mei 4´

Pedal

45. Prin­zi­al­baß 16´
46. Vio­lon 16´
47. Sub­baß 16´
48. Zart­baß 16´
49. Oktav­baß 8´
50. Streich­baß 8´
51. Nacht­horn 8´
52. Choral­baß 4´
53. Flö­te 4´
54. Rohr­pfei­fe 2´
55. Groß­quin­te 10 2/3´
56. Hin­ter­satz IV 2 2/3´
57. Kon­tra­po­sau­ne 32´
58. Posau­ne 16´
59. Pedal­trom­pe­te 8´
60. Kla­ri­ne 4´

Albiez-Orgel

Die Chor­or­gel von St. Ursu­la, erbaut 1984 von Win­fried Albiez, soll­te sich in his­to­ri­sie­ren­der Wei­se der ita­lie­ni­schen Renais­sance anpas­sen. Ent­spre­chend den ita­lie­ni­schen Vor­bil­dern hat man die Orgel im Chor der Kir­che plat­ziert. Hier befan­den sich ursprüng­lich zwei Chor­ge­stüh­le. Das Baye­ri­sche Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge stell­te die Bedin­gung, die­se zu erhal­ten und in die neu zu bau­en­de Orgel zu inte­grie­ren. Heu­te die­nen die­se bei­den Tei­le des Chor­ge­stühls als Unter­bau­ten der Chor­or­gel. Der Ein­bau der Albiez-Orgel stellt bis dato den ein­zi­gen dras­tisch-ver­än­dern­den Ein­griff in die sonst ursprüng­lich erhal­te­ne Raum­si­tua­ti­on von St. Ursu­la dar.

Das Haupt- und Pedal­werk ist nach wich­ti­gen Grund­ele­men­ten des alt­ita­lie­ni­schen Orgel­baus gestal­tet. Die Regis­ter, d.h. die Klang­far­ben, tra­gen ita­lie­ni­sche Namen, z.B. Flau­to oder Trom­ba. Win­fried Albiez unter­nahm meh­re­re Stu­di­en­rei­sen nach Flo­renz, um sich bei Prof. Dr. Dona­ti, der dort die Werk­stät­te für Restau­ra­tio­nen alt­ita­lie­ni­scher Orgeln lei­te­te, Prin­zi­pi­en des alt­ita­lie­ni­schen Orgel­baus anzu­eig­nen. Fol­ge­rich­tig ließ Albiez die Metall­pfei­fen bei einem ita­lie­ni­schen Pfei­fen­ma­cher fer­ti­gen, der durch Restau­rie­run­gen vie­ler alter Wer­ke wert­vol­le Erfah­run­gen über Wind­druck, Men­su­rie­rung, Into­na­ti­on sowie auch Stim­mun­gen gewon­nen hatte.

Der ita­lie­nisch beein­fluss­te Teil der Orgel befin­det sich mit dem frei davor ste­hen­den Spiel­tisch auf der Epis­tel­sei­te. Das Lan­des­denk­mal­samt hat­te sich gewei­gert, einen Ein­bau der Spiel­an­la­ge in den Unter­bau beim Haupt­werk zuzu­las­sen, um das Chor­ge­stühl zu erhal­ten. Als Pen­dant zur ita­lie­ni­schen Sei­te fun­giert auf der Evan­ge­li­en­sei­te bei äußer­lich glei­cher Pro­spekt­ge­stal­tung ein Schwell­werk in fran­zö­sisch-roman­tisch klin­gen­der Aus­prä­gung. Im Unter­bau die­ser Sei­te resi­diert als wei­te­res (und kleins­tes) Werk ein Posi­tiv — man könn­te es auch Brust­werk nen­nen – mit deut­schen Regis­ter­na­men. Bei­de Sei­ten sind mit­tels einer rein mecha­ni­schen Ton- bzw. Spiel­trak­tur ver­bun­den. Auch die Kopp­lun­gen der Wer­ke unter­ein­an­der muss der Orga­nist mit eige­ner Kraft mecha­nisch bewäl­ti­gen. Der Weg von der Tas­te bis zu den Ven­ti­len im Schwell­werk beträgt bei­spiels­wei­se 14,75 Meter.

Die Regis­ter­an­la­ge aller­dings funk­tio­niert mit­tels elek­tri­scher Magne­te. Seit 2009 besitzt die Orgel einen soge­nann­ten elek­tro­ni­schen Set­zer. Seit­dem kön­nen 8x 1024 Regis­trie­run­gen abge­spei­chert und über ein­zu­ge­ben­de Code-Wor­te gesi­chert werden.

Dis­po­si­ti­on

I. Grand´Organo

1. Prin­ci­pa­le 16´
2. Prin­ci­pa­le 8´
3. Voce uma­na 8´
4. Flau­to rea­le 8´
5. Flau­to in otta­va 4´
6. Otta­va 4´
7. Duo­de­ci­ma 2 2/3´
8. Quin­ta­de­ci­ma 2´
9. Deci­ma­no­na 1 1/3´
10. Vige­si­ma secon­da 1´
11. Cor­net­to IV 4´
12. Due di ripi­eno XXVI+XXIX 2/3´+1/2´
13. Due di ripi­eno XXXIII+XXXVI 1/3´+1/4´
14. Trom­ba 8´

II. Posi­tiv

15. Gedeckt 8´
16. Prin­zi­pal 4´
17. Rohr­flö­te 4´
18. Ses­quial­ter II 2 2/3´+1 3/5´
19. Oktav 2´
20. Cym­bel II-III 1/2´
21. Krumm­horn 8´

III. Récit expressif

22. Bour­don 16´
23. Bour­don à che­mi­née 8´
24. Mont­re 8´
25. Vio­la 8´
26. Voix céles­te 8´
27. Petit Bour­don 4´
28. Pres­tant 4´
29. Nazard 2 2/3´
30. Quart de Nazard 2´
31. Tier­ce 3/5´
32. Plein Jeu IV‑V 2´
33. Bas­son 16´
34. Trom­pet­te har­mo­ni­que 8´
35. Haut­bo­is 8´
36. Clai­ron 4´

Peda­le

37. Prin­ci­pa­le 16´
38. Flau­to major 16´
39. Flau­to prin­ci­pa­le 8´
40. Flau­to 8´
41. Otta­va 4´
42. Due di ripi­eno XII+XV 2 2/3´+2´
43. Due di ripi­eno XIX+XXII 1 1/3´+1´
44. Bom­bar­de 16´
45. Trom­ba bas­so 8´